Unser Kollege Frieder war vor Kurzem mit seiner Familie und einem Wohnmobil in den Alpen unterwegs. Mitgebracht hat er nicht nur jede Menge tolle Fotos, sondern auch erprobte Tipps für spaßige Wanderungen mit kleinen Kindern. Lesen Sie hier, was Frieder in der Schweiz erlebt hat und wie die Wanderungen mit seinem Sohn am besten klappen.
Mit unserem mittlerweile 6-Jährigen klappt Wandern in den Bergen immer besser. Natürlich genügen die Berge allein nicht als Anreiz, wenn wir aber die Bergwanderung mit der Talfahrt durch eine spektakuläre Luftseilbahn oder Standseilbahn verbinden, dann geht es doch.
1. Wandern in der Schweiz: Zum Akklimatisieren und Ankommen erstmal klein anfangen
Wir starten in St Magretenberg. Das idyllische Hochtal gehört zu Pfäfers, einer Sammelgemeinde oberhalb von Bad Ragaz, das vielen als Heidiland bekannt ist. Das Wohnmobil schafft für uns: durch eine enge Schlucht führt eine gut zu fahrende Straße auf 1200 Höhenmeter, 700 Meter über dem Schweizer Rheintal mit dem Hauptort Landquart.
Wir entscheiden uns für eine Nachmittagswanderung zum Pizzalun, für den man gerade mal 250 Höhenmeter und 7 km, ca. 2 1/4 (hin und zurück) zurücklegen muss.
Trotz kurzer Gehzeit bietet er eine atemberaubende Sicht vom Gipfel tief hinab aufs Rheintal, über Landquart sowie die Berge des Prättigau-Tals, das Landquart mit Klosters und Davos verbindet – natürlich unter wehender Schweizer Fahne.
2. Über den Flüelapass zum Berninapass
Über Kloster Davos führt uns unsere Reise in den Oberengadin. Dabei stoppen wir kurz am Flüelapass, dem 2383 m hohen Übergang vom Landwassertal von Davos ins Inntal/Unterengadin.
Der idyllische See am Pass, das einladende Passhospiz (Restaurant auf der Passhöhe, rechts auf dem Foto) und viele verlockende Bergwandeurngen (z.B. Flüela Wisshorn oder Schwarzhorn, beides leichte Wanderberge) lassen uns zaudern, aber wir halten an unserem Plan fest und stoppen nur kurz.
Denn wir wolle zum Berninapass. Dem Kind ist Wandern und am Schluss Zugfahren versprochen, also auf zur UNESCO-Weltkulturerbe-Bahnstrecke der Bernina-Bahn. Die Strecke, 1910 eröffnet und eine der steilsten Eisenbahnen ohne Zahnrad der Welt, überwindet vom italienischen Tirano bis zum Berninapass 1653 Höhenmeter, danach geht es zum Nobelort St. Moritz weiter.
3. Wandern und Bahnfahren zwischen Ospizio Bernina und Alp Grüm
Gleich am Bahnhof zeigen die berühmten Schweizer Wanderwegweiser, dass es hier Wanderungen für zwei Wochen gibt.
Eigentlich wollen wir als Ziel das Berghaus Sassal Malone auf 2355 m mit tollen Blick auf den mächtigen Palügletscher erreichen, aber die kleinen Beine haben heute nur Energie für den direkten Weg von Ospizio Bernina nach Alp Grüm fast ohne Höhenunterschied. 1 1/4 Std. Gehzeit sind angegebenen, wir brauchen heute wie berechnet 2 1/2 Std. Die Staumauer des Lago Bianco ist für Wanderer begehbar und ein schöner Pausenort.
Am Ende unserer Wanderung liegt mit dem Belvedere ein schönes Restaurant ca. 50 m über dem Bahnhof Alp Grüm mit tollem Ausblick auf das modelleisenbahnhafte Bahngeschehen und den Palügletscher. Der Blick reicht weit in das Val Poschiavo mit dem gleichnamigen See hinein.
Danach genießen Kind und Erwachsene die Zugfahrt zurück nach Ospizio Bernina, wo das Wohnmobil wartet. Das erreichen wir auch pünktlich zum typisch schweizerisch präzise angekündigten Regen.
Aber natürlich sind regendichte und warme Kleider immer auf Bergtouren dabei, auch die beste Wetter-App kann gerade in Bergtälern auch mal danebenliegen.
4. Diavolezza: Abenteuer-Wanderung für kleine Bergsteiger
Königsetappe soll die Diavolezza werden. Nicht weit vom Berninapass starten wir am Parkplatz des Lej Pitschen. Unsere Mitreisenden stellen uns das Wohnmobil freundlicherweise an der Talstation der Diavolezza-Seilbahn ab. So weiß mein Sohn dann auch gleich Bescheid, womit der Aufstieg belohnt werden wird. Aber zuerst müssen gut 800 Höhenmeter auf den 3066 m hohen Sass Queder überwunden werden, von dem man in 10 Minuten zur Seilbahn-Bergstation des Diavolezza gelangt.
Ein Wanderung, die mit 2 3/4 Stunden angegeben wird. Wir sind um 9:30 am Start, letzte Talfahrt der Bahn um 17:00 Uhr – passt also. Zudem gibt es nach 30 Minuten und nach einer Stunde eine Möglichkeit, die Tour durch absolut leichtes Gelände drastisch abzukürzen.
Der Aufbau der Wanderung ist ideal: erst geht es durch sanfte Almen mit mäßiger Steigung hoch zum See Lej d’Arlas.
Dann wird es steiler, aber immer noch alles im Rahmen, bis der Lej da Diavolezza erreicht wird. Jetzt ist eine finale Entscheidung fällig: entweder durch mittleren bis leichten Weg runter zur Talstation Diavolezza mit Bahnhof oder hoch zum Gipfel ohne weitere Möglichkeit zur Verkürzung.
Die Beine sind gut, wir wagen es. Jetzt sind es steile, verblockte Bergwege, teilweise mit Seilen versichert und dank toller Wegearbeit mit einigen angelegten Stufen. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind absolut wichtig, genauso wie hohe Bergstiefel mit griffigem Profil. Dann haben wir es geschafft: Mit dem Sass Queder auf 3066 m ist der höchste Punkt der Wanderung erreicht.
Wir werden belohnt mit einer atemberaubenden Aussicht auf den Morteratschgletscher, Piz Palü, Piz Bellavista und Piz Bernina. Das gleiche Panorama, nur mit Radler und heißer Schokolade, haben wir nach 15 Minuten von der Restaurantterrasse der Bergstation Diavolezza, wo wir uns zwischen den ganzen Tagestouristen in Stöckelschuhen und viel zu dünnen Jäckchen aus der Seilbahn wiederfinden.
Die Seilbahn bringt uns in 10 Minuten 1000 Höhenmeter hinunter, wo wir schon von weitem unser Wohnmobil sehen. Ein toller Tag!
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