Beeindruckende Bergpanoramen, Sandstrand mit steilen Klippen, uralte Wälder – der Pacific North West hat einiges zu bieten. Noch sind die Upper Left USA eher ein Geheimtipp. Trotz beeindruckender Natur scheint die Region vor allem Besucher aus Kanada und den umliegenden Staaten anzuziehen – und unsere Kollegin Helen, die diese Gegend mit dem Mietwagen erkundet hat. In der Reisewelt erzählt sie von ihrer unvergesslichen Rundreise durch den Nordwesten der USA.
Kurzinfos zur Rundreise durch den Nordwesten der USA
Reisedauer: 16 Tage
Stecke: ca. 1600 km
Fahrzeit: ca. 25 h
Stopps: Seattle – Dungeness – Whidbey Island – Olympic National Park – Cape Disappointment – Newport – Portland – Seattle
Beste Reisezeit: Juni bis September
Flughafen Seattle-Tacoma, SeaTac, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Dungeness, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Lake Crescent, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Newport, Oregon, Vereinigte Staaten von Amerika
Portland, Oregon, Vereinigte Staaten von Amerika
Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Whidbey Island, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Seattle, Washington, Vereinigte Staaten von Amerika
Los geht’s in Seattle!
Unsere Reise startet in Seattle, Heimat von Amazon, Microsoft, Starbucks und Boeing. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt von Siedlern gegründet, bewohnt ist die Region um den Puget Sound allerdings schon seit über 4000 Jahren. Von dem vergleichsweise übersichtlichen Flughafen von Seattle und Tacoma, SeaTac, kommt man mit der Light Rail für $3.00 in 45 Minuten bequem bis Downtown Seattle.
Die Stadt ist auf mehreren Hügeln angesiedelt, packen Sie also bequeme Schuhe ein denn es geht selbst Downtown häufig steil bergauf. Downtown finden Sie neben den üblichen Einzelhandelsketten den Pike Place. Der Name kommt vielen sicher bekannt vor: Starbucks benannte seine weltweit ausgeschenkte Hausröstung nach dem Platz, denn hier befindet sich der allererste Starbucks, der noch heute Kaffee ausschenkt, sich aber nicht weiter von den anderen Filialen der Kette unterscheidet. Direkt gegenüber ist der Haupteingang zu einem mehrstöckigen Gebäudetrakt, dem Pike Place Market, in dem frischer Fisch mit viel Gebrüll geworfen wird, die Bauern der Region ihre Waren anbieten, eine Brauerei Bier braut und man allerhand Absurdes und Touristisches finden kann.
Einen Steinwurf die Pine Street hoch entfernt ist das Westlake Center von dem aus Sie Seattle per Monorail erkunden können. Alle 10 Minuten bringt Sie die Monorail zu Seattles Wahrzeichen, der Space Needle. Anlässlich der Weltausstellung 1962 wurde die Aussichtsplattform gebaut, von der man einen weiten Blick über die Stadt, die Olympic Mountains im Westen und die Cascades im Osten sowie Mount Rainier hat. Direkt neben der Space Needle finden sich interessante Museen. Im Chihuly Garden and Glas stellt Dale Chihuly seine Glasskulpturen aus. Das Museum of Pop Culture residiert in einem beeindruckenden Gebäude von Frank Gehry. Es beleuchtet in seiner Dauerausstellung Seattles Einfluss auf die Musikgeschichte und zeigt eine Science Fiction Hall of Fame. Der Grunge, weltweit berühmt dank Nirvana, wurde im Pacific North West begründet und auch Jimi Hendrix, einem gebürtigen Seattleite, wird ausgiebig gedacht. Daneben sind wechselnde Ausstellungen zu sehen, von Videospielen bis Horrorfilme wird dabei ein breites Spektrum durch die Popkultur abgebildet.
Reisetipps für Seattle
Sie können Seattle gut zu Fuß erkunden, die Stadt hat aber auch einen guten und günstigen öffentlichen Personennahverkehr bestehend aus Bus, Straßenbahn, dem Light Rail und den Fähren. Wenn Sie keine Lust auf eine Bootsrundfahrt mit einem Touristenkahn haben nehmen Sie eine der Fähren, zum Beispiel nach Bainbridge und entschwinden Sie der Stadt für ein paar Stunden. Die Fähre verkehrt ungefähr stündlich, eine Überfahrt nach Bainbridge kostet für Fußgänger $8.50, die Rückfahrt ist kostenfrei. Im ruhigen Bainbridge gibt es neben einer touristischen Meile mit kleinen Läden nicht besonders viel zu sehen, das Panorama auf den Überfahrten, bei denen die Stadt immer kleiner wird, ist den Trip allerdings absolut wert.
Auf dem Weg zum Olympic National Park
Verabschieden Sie sich von dem Stadtleben in Seattle, jetzt geht es raus in die Natur! Schnappen Sie sich den Mietwagen und starten Sie den Roadtrip. Mietwagen-Tipp: Es gibt Downtown zwar viele Mietwagenstationen, um eine Einwegmiete zu sparen, holen Sie den Mietwagen in Seattle aber am Besten am Flughafen oder einem der Hotels in Flughafennähe ab, wo Sie ihn später wieder zurückgeben.
📌 Lesetipp: Mietwagen-Tipps für die USA: geschickt buchen und sicher fahren
Zur Olympic Peninsula führen viele Wege über die kleinen Inseln des Puget Sound oder einmal um den Puget Sound herum. Wenn Sie sich für den langen Weg um die Meeresbucht entscheiden, fahren Sie am besten bis Olympia und folgen dann dem Highway 101, der sich von Olympia einmal um die Peninsula zieht und dann die Westküste hinunter bis Südkalifornien. Statt endlosen Stripmalls und Drive Throughs fahren Sie auf sich windenden Straßen bergauf und bergab an kleinen Inns und vielen, vielen Campingplätzen vorbei. Wer sich nach ein paar Stunden Fahrerei die Beine vertreten will kann dies auf einem der vielen ausgeschilderten Trails tun. Übernachten Sie in Port Angeles oder im Umkreis. Von dort können Sie eine Tagestour nach Victoria, British Columbia, starten. Mit der Fähre als Fußgängerpassagier können sie für $19.00 nach Vancouver Island übersetzen und mit etwas Glück sogar Wale beobachten.
Fantastische Ausblicke im Olympic National Park
Das Highlight der Olympic Peninsula ist ohne Frage der Olympic National Park. In Port Angeles ist eins der Besucherzentren, in denen Sie sich mit Karten zu den Trails eindecken können und von wo aus Sie zur Hurricane Ridge hochfahren können. Ja, man darf mit dem Auto in den Nationalpark fahren, auch die meisten State Parks haben befestigte Straßen, Parkplätze und sogar (meistens sehr saubere) öffentliche Toiletten und Wasserspender. Daneben gibt es Besucherzentren mit Information zu Geschichte und den Pfaden, bei denen für jeden etwas dabei ist.
Nicht selten trifft man Familien mit kleinen Kindern, Großeltern oder Menschen, die zum kurzen Wanderausflug in Flipflops anreisen. Sollten Sie also von der Kondition her auch eher der Bahnfahrer aus der Großstadt sein – es wird genug Trails auch für Sie geben. Spätestens, wenn Sie oben am Besucherzentrum (mit Gift Shop!) der Hurricane Ridge angekommen sind, werden Sie sehr froh sein die Strecke nicht zu Fuß gelaufen zu sein. Von dem Besucherzentrum aus haben Sie einen fantastischen Blick auf die Gletscher der Olympic Mountains und von den kurzen Lehrpfaden auf der anderen Seite des Parkplatzes auf Vancouver Island. Mit etwas Glück sehen Sie auch ein paar Rehe oder sogar ein Murmeltier.
Im Nationalpark selbst gibt es einige Lodges in denen man übernachten kann – wenn man lang genug im Voraus gebucht hat, denn natürlich sich die Unterkünfte sehr beliebt! Übernachten Sie beispielsweise direkt an Lake Crescent in einer historischen Lodge, in der Franklin D. Roosevelt den Nationalpark gründete. Der See speist sich aus dem Wasser der umliegenden Flüsse, deren Wasserfälle man auf den Wanderwegen im Umkreis sieht, und ist dank Stickstoffmangel glasklar, da dort keine Algen wachsen.
Folgen Sie der 101 weiter Richtung Süden. Durchqueren Sie Forks, ein verschlafenes Dorf, bekannt aus dem Teenie-Bestseller Twilight, und endlos scheinende Natur. Kurz bevor Sie am Ruby Beach auf den Pazifik treffen lohnt sich ein weiterer Abstecher in den Nationalpark zum Hoh-Regenwald. Der Name geht auf einen dort ansässigen Stamm der Ureinwohner zurück. Neben dem Visitor Center finden Sie kurze Pfade, die Sie durch die bis zu 95 Meter hohen Nadelbäume es gemäßigten Regenwaldes führen. Im Visitor Center finden Sie eine Messlatte, an der Sie ablesen können wie viel Regen im Jahr bereits gefallen ist. Leider zeigt sich auch hier, wie an den schmelzenden Gletschern auf den Olympic Mountains die Folgen des Klimawandels, der Regen nimmt zunehmend ab.
Die Pazifikküste – wo Leuchttürme im Nebel stehen
Sobald Sie den Olympic National Park verlassen haben, werden die Bäume und Berge zunehmend kleiner, dafür die Autos und Menschen mehr. Machen Sie einen letzten Abstecher in Südwashington zum Cape Disappointment, wo der Columbia in den Pazifik mündet. Benannt ist das Kap durch die Sage von John Meares, einem segelnden Pelzhändler. Dieser wollte eigentlich in den Columbia einbiegen, schlug aber zu früh ein. Daraufhin wurde der Ort das “Kap der Enttäuschung” genannt. Machen Sie sich aber nicht zu schnell über Meares Navigation lustig, das Kap liegt einfach die meiste Zeit im Nebel. Es sanken so viele Schiffe vor der Mündung des Columbia, dass 1853 mit höchster Priorität ein Leuchtturm gebaut werden sollte. Doch auch die Oriole, das Schiff, mit dem das Material geliefert werden sollte, sank – direkt in Sichtweite des Ortes, an dem der Leuchtturm stehen sollte.
Heute stehen zwei Leuchttürme an der Küste und das Kap ist ein State Park. Durch bauliche Maßnahmen wurde die Gefahr der Flussmündung für Schiffe gesenkt, dennoch betreibt die US-Küstenwache vor Ort eine Ausbildungsstätte, da man auf die schwierigen Witterungsbedingungen noch immer setzen kann. Neben Wanderwegen zu den Leuchttürmen gibt es auch ein Museum zur Expedition von Lewis und Clarke. Die beiden brachen 1804 in Pittsburgh auf und zogen Richtung Westen, bis sie 1806 auf den Pazifik stießen. Vermutlich dort, wo heute der Park ist.
Outdoor-Shopping in Oregon
Sagen Sie auf Wiedersehen zu Washington State und kreuzen Sie den Columbia Richtung Oregon. In Cannon Beach finden Sie den Haystack Rock, das Wahrzeichen der Küste Oregons. Bei Ebbe können Sie im Gezeitenpool vor dem Felsbrocken im Meer Anemonen und Seesterne beobachten – unter dem wachsamen Blick der Aufpasser, die sicherstellen, dass sich die Besucher benehmen und das maritime Leben nicht stören.
Falls Sie das Outdoor-Fieber gepackt und Sie noch neue Ausrüstung gebrauchen können: Stoppen Sie bei einem der vielen Outlets in Oregon. Anders als in den anderen Staaten der USA werden Sie hier neben dem ausgeschilderten Preis an der Kasse nicht noch eine Mehrwertsteuer draufzahlen, denn Oregon hat keine Sales Tax. Und da Outdooraktivitäten bei den Pacific North Westlern sehr beliebt sind – wer könnte es ihnen bei der tollen Natur verübeln – können Sie in den Outlets vieler bekannter Sport-und Outdoor-Marken richtige Schnäppchen machen.
Charmantes Stadtleben in Portland
Nach sehr viel Natur mit wenig Menschen kommt einem Portland mit etwas über einer halben Million Einwohnern direkt wieder riesig vor. Portland ist älter und kleiner als Seattle und hat einen ganz besonderen Charme. Wie auch Seattle ist die Stadt sehr progressiv. Sie gilt als Fahrradhauptstadt der USA, nirgendwo gibt es mehr Pendler, die auf Räder zurückgreifen. Das inoffizielle Motto der Stadt ist “Keep Portland weird” und sie ist dank der Sketchserie Portlandia landesweit bekannt. Allerdings hat Portland auch ein großes Problem mit Obdachlosigkeit.
Mit Powell’s City of Books verfügt Portland über einen der größten unabhängigen Bücherläden der USA (vergleichbar mit The Strand in New York City), bei dem man neue und gebrauchte Bücher aller Art findet und im angeschlossenen Cafe sofort verschlingen kann. Neben dem Kunstmuseum gibt es ein Museum der Oregon Historical Society, die die Geschichte des Staates und seiner (westlichen) Besiedelung zeigt. Wer die Wälder der Olympischen Halbinsel vermisst, nimmt am besten den Zug in den Washington Park. Dort gibt es einen Zoo, ein Museum für Kinder und einen Japanischen Garten, aber auch Wanderwege durch Wälder und einen Rosengarten.
Portland ist zwar autofreundlich, Parken ist aber schwierig. Auf der Straße kann man nur für kurze Zeit stehen und auch die meisten Parkhäuser sehen höchstens overnight parking vor. Seien Sie pünktlich, wenn Sie neue Parktickets ziehen müssen, die Strafen für’s Falschparken oder Überziehen der Parkzeit werden schnell verteilt und sind um ein Vielfaches höher als in Deutschland.
Für die Beifahrer: Der Nordwesten der USA ist für sein Bier bekannt. Wer bei Bier in den USA an Bud Light denkt, wird überrascht sein, denn die Vielfalt des Bieres ist enorm. In den meisten Restaurants gibt es mehrere verschiedene Biersorten vom Fass und da es kein Reinheitsgebot gibt, sind der Brauphantasie nur wenig Grenzen gesetzt.Bbei den 110 im Guide to All Things Beer in the State of Oregon (gratis erhältlich im Visitor Center) gelisteten Brauereien in Portland wird für jeden was dabei sein. Das typische Bier für die Region ist dabei das Indian Pale Ale. Jede Microbrewery wird mehrere im Angebot haben. Doch auch ein Hazelnut Stout oder Coconut Porter können eine interessante Abwechslung sein. Wer nicht so experimentierfreudig ist wird sogar Alt oder Kölsch bekommen. Die meisten Restaurants geben gerne kleine Proben zum Verkosten. In Oregon wie auch Washington gibt es auch immer mehr kleine Winzer, ein weiterer Trend in den USA. Die Qualität der Weine dort kann aber durchaus durchmischt sein.
Zurück zum Flughafen
Die Rundreise durch den Nordwesten der USA ist nun zu Ende. Von Portland bis zum Flughafen von Seattle fahren Sie ungefähr drei Stunden, dieses Mal leider auf einem Freeway, der deutlich weniger schön ist als die 101. Aber vielleicht haben Sie beim Abflug Glück: Bei gutem Wetter und Fensterplatz können Sie noch einen letzten Blick auf Mount Rainier, die Cascades oder die Olympic Mountains erhaschen.
Sie sind völlig begeistert vom Nordwesten der USA und auf der Suche nach noch mehr Inspiration? Auch unser Kunde Marcel war in dieser Region unterwegs und hat tolle Eindrücke von seinem Roadtrip mitgebracht.
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